14.5 Einfache Zeichenfunktionen
 
Im Folgenden wollen wir Beispiele für Zeichenfunktionen kennen lernen. Sie können Primitiven wie Linien auf zwei Arten zeichnen: einmal über eine spezielle Funktion wie drawLine(), und dann lassen sich für diese Elemente Objekte aufbauen, die anschließend gezeichnet werden. Die Variante über Objekte ist Teil der 2D-API, die wir später vorstellen.
14.5.1 Grundbegriffe: Koordinaten, Punkte, Pixel
 
Gelegentlich vermischt sich die Umgangssprache mit der Sprache der Mathematik und Computergrafik, sodass wir noch einmal die wichtigsten Begriffe aufzählen.
Koordinatensystem
Die grafischen Objekte werden in einem Koordinatensystem platziert, das seine Ursprungskoordinaten – also standardmäßig (0,0) – links oben definiert. Das Koordinatensystem kann jedoch beliebig verschoben und in den Ausmaßen angepasst werden. Andernfalls stehen die Objekte bei überschriebenem paint() vom Frame/JFrame absolut zum Fensterrahmen. Wählen wir die Koordinate auf der y-Achse klein, kann es vorkommen, dass wir nichts mehr sehen, weil das Objekt unter die Titelleiste des Fensters wandert.
Punkte
Ein Punkt ist abhängig von den Dimensionen durch zwei oder mehrere Koordinaten gekennzeichnet. Da er, wie wir aus der Mathematik wissen, keine Ausdehnung hat, dürfen wir ihn eigentlich gar nicht sehen. In Java gibt es keine Funktion, um Punkte zu zeichnen. Diese können nur durch einen Linienbefehl erzeugt werden.
Pixel
Das Wort Pixel ist eine Abkürzung für »Picture Element«. Ein Pixel beschreibt einen physikalischen Punkt auf dem Bildschirm und ist daher nicht zu verwechseln mit einem Punkt (obwohl umgangssprachlich nicht unterschieden). Pixel besitzen – wie Punkte – Koordinaten. Wird ein grafisches Objekt gezeichnet, so werden die entsprechenden Punkte auf dem Bildschirm gesetzt. Die Anzahl der Pixel auf dem Monitor ist beschränkt; unter einer Auflösung von 1024 * 768 »Punkten« sind dies also 786 432 Pixel, die einzeln zu setzen sind. »Einen Pixel setzen«, heißt aber nichts anderes, als ihm eine andere Farbe zu geben.
14.5.2 Linien
 
Auch bei Linien müssen wir uns von der Vorstellung trennen, die uns die analytische Geometrie nahe legt. Laut Euklid ist dort eine Linie als kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten definiert. Da sie eindimensional sind, besitzen sie eine Länge aus unendlich vielen Punkten, doch keine Breite. Auf dem Bildschirm besteht eine Linie nur aus endlich vielen Punkten, und wenn eine Linie gezeichnet wird, werden Pixel gesetzt, die nahe an der wirklichen Linie sind. Die Punkte müssen passend in ein Raster gesetzt werden, und so kommt es vor, dass die Linie in Stücke zerbrochen wird. Dieses Problem gibt es bei allen grafischen Operationen, da von Fließkommawerten eine Abbildung auf Ganzzahlen, in unserem Fall absolute Koordinaten des Bildschirms, gemacht werden muss. Eine bessere Darstellung der Linien und Kurven ist durch Antialiasing zu erreichen. Dies ist eine Art Weichzeichnung mit nicht nur einer Farbe, sondern mit Abstufungen, so dass die Qualität auf dem Bildschirm wesentlich besser ist. Auch bei Zeichensätzen ist dadurch eine gute Verbesserung der Lesbarkeit auf dem Bildschirm zu erzielen. Die Fähigkeit zum Weichzeichnen gibt es in der JFC 2D-API seit Java 1.2.
abstract class java.awt. Graphics
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abstract void drawLine( int x1, int y1, int x2, int y2 )
Zeichnet eine Linie zwischen den Koordinaten (x1,y1) und (x2,y2) in der Vordergrundfarbe. |
Beispiel Setze einen Punkt an die Stelle (x,y).
g.drawLine( x, y, x, y );
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14.5.3 Rechtecke
 
Als nächstes werfen wir einen Blick auf die Funktionen, die uns Rechtecke zeichnen lassen. Die Rückgabewerte sind immer void. Es ist nicht so, dass die Funktionen durch einen Wahrheitswert mitteilen, ob ein tatsächlicher Zeichenbereich gefüllt werden konnte. Liegen die Koordinaten des zu zeichnenden Objekts nicht im Sichtfenster, geschieht einfach gar nichts. Die Zeichenfunktion ist nicht in der Lage, dies dem Aufrufer in irgendeiner Form mitzuteilen.
abstract class java.awt. Graphics
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void drawRect( int x, int y, int width, int height )
Zeichnet ein Rechteck in der Vordergrundfarbe. Das Rechteck ist width + 1 Pixel breit und height + 1 Pixel hoch. |
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void abstract fillRect( int x, int y, int width, int height )
Zeichnet ein gefülltes Rechteck in der Vordergrundfarbe. Das Rechteck ist width + 1 Pixel breit und height + 1 Pixel hoch. |
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void abstract drawRoundRect( int x, y, int width, height, int arcWidth, arcHeight )
Zeichnet ein abgerundetes Rechteck in der Vordergrundfarbe. Das Rechteck ist width + 1 Pixel breit und height + 1 Pixel hoch. arcWidth gibt den horizontalen und arcHeight den vertikalen Durchmesser der Kreisbögen der Ränder an. |
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void abstract fillRoundRect( int x, y, int width, height, int arcWidth, arcHeight )
Wie drawRoundRect(), nur gefüllt. |
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void draw3DRect( int x, int y, int width, int height, boolean raised )
Zeichnet ein dreidimensional angedeutetes Rechteck in der Vordergrundfarbe. Der Parameter raised gibt an, ob das Rechteck erhöht oder vertieft wirken soll. Die Farben für den Effekt werden aus den Vordergrundfarben gewonnen. |
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void fill3DRect( int x, int y, int width, int height, boolean raised )
Wie draw3Drect(), nur gefüllt. |
Hinweis Die Breiten der Rechtecke bei den Methoden drawRect() und fillRect() unterscheiden sich! drawRect(0, 0, 10, 10) zeichnet ein 11 ´ 11 breites Rechteck und fillRect(0, 0, 10, 10) zeichnet ein 10 ´ 10 breites Rechteck.
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14.5.4 Ovale und Kreisbögen
 
Die Graphics-Klasse stellt vier Methoden zum Zeichnen von Ovalen und Kreisbögen bereit. Gefüllte und nicht gefüllte Ellipsen sind immer in ein Rechteck eingepasst.
abstract class java.awt. Graphics
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abstract drawOval( int x, int y, int width, int height )
Zeichnet ein Oval in der Vordergrundfarbe, welches die Ausmaße eines Rechtecks hat. Das Oval hat eine Größe von (width + 1) Pixel in der Breite und (height + 1) Pixel in der Höhe. |
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abstract fillOval( int x, int y, int width, int height )
Wie drawOval(), nur gefüllt. |
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abstract void drawArc( int x, int y, int w, int h, int startAngle, int arcAngle )
Zeichnet einen Kreisbogen. Null Grad liegt in der 3-Uhr-Position. Bei einem Aufruf mit den Winkelargumenten 0, 270 wird ein Kreisbogen gezeichnet, bei dem 90 Grad im unteren rechten Bereich nicht gezeichnet sind. |
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abstract void fillArc( int x, int y, int w, int h, int startAngle, int arcAngle )
Wie drawArc(), nur gefüllt. |
Eine Kreis- und Ellipsen-Klasse
Bei der Methode drawOval() müssen wir immer daran denken, dass die Ellipse oder im Spezialfall der Kreis in ein Rechteck mit Startkoordinaten und mit Breite und Höhe gezeichnet wird. Dies ist nicht immer die natürliche Vorstellung von einer Ellipse beziehungsweise einem Kreis. Einen Kreis beziehungsweise eine Ellipse um den Mittelpunkt x, y mit den Radien rx und ry zeichnet:
g.drawOval( x – rx, y – ry, rx + rx, ry + ry );
14.5.5 Polygone und Polylines
 
Eine Polyline besteht aus einer Menge von Linien, die einen Linienzug beschreiben. Dieser Linienzug muss nicht geschlossen sein. Ist er es dennoch, sprechen wir von einem Polygon. In Java gibt es verschiedene Möglichkeiten, Polygone und Polylines zu zeichnen. Zunächst beispielsweise über ein Koordinatenfeld.
abstract class java.awt. Graphics
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abstract void drawPolyline( int[] xPoints, int[] yPoints, int nPoints )
Zeichnet einen Linienzug durch die gegebenen Koordinaten in der Vordergrundfarbe. Die Figur ist nicht automatisch geschlossen, wenn nicht die Start- und Endkoordinaten gleich sind. Mit nPoint kontrollieren wir die Anzahl der gezeichneten Linien. |
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abstract void drawPolygon( int[] xPoints, int[] yPoints, int nPoints )
Zeichnet wie drawPolyline() einen Linienzug, schließt diesen aber immer gleich, indem die erste Koordinate mit der Koordinate nPoints verbunden wird. |
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abstract void fillPolygon( int[] xPoints, int[] yPoints, int nPoints )
Füllt das Polygon aus. Da eine Polyline offen ist, kann sie nicht gefüllt werden. Somit gibt es die Funktion fillPolyline() nicht. |
Die Polygon-Klasse
Neben der Möglichkeit, die Linienzüge durch Koordinatenfelder zu beschreiben, gibt es in Java die Polygon-Klasse Polygon, die auch vom Typ Shape ist. Ein Polygon-Objekt verwaltet seine Koordinaten eigenständig, und von außen können wir Elemente hinzunehmen. Mit der mächtigen Methode contains() können wir herausfinden, ob ein Punkt in der von dem Polygon ausgezeichneten Fläche liegt. Zunächst müssen wir jedoch ein Polygon-Objekt erzeugen. Dazu dienen zwei Konstruktoren:
class java.awt. Polygon
implements Shape, Serializable
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Polygon()
Erzeugt ein Polygon-Objekt ohne Koordinaten. |
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Polygon( int[] xpoints, int[] ypoints, int npoints )
Erzeugt ein Polygon mit den angegebenen Koordinaten. |
Nun können wir Punkte hinzufügen und Anfragen an das Polygon-Objekt stellen:
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Rectangle getBounds()
Gibt die Bounding-Box der Figur zurück. Diese beschreibt ein Rechteck, das das Objekt gerade umschließt. Ein Rectangle-Objekt besitzt die Variablen height (Höhe des Rechtecks), width (Breite des Rechtecks), x (x-Koordinate) und y (y-Koordinate des Rechtecks). Mit verschiedenen Funktionen lassen sich Rechtecke zusammenfassen und schneiden. |
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void addPoint( int x, int y )
Die Koordinate (x,y) wird hinzugefügt. Die Grenzen (engl. boundings) werden automatisch aktualisiert. |
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boolean contains( int x, int y )
Liefert true, wenn der Punkt (x,y) im Polygon liegt. Es wird ein Gerade-/Ungerade-Algorithmus verwendet, um dies herauszufinden. |
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boolean contains( Point p )
Liefert true, wenn der Punkt p im Polygon liegt. Ein Point-Objekt besitzt die Attribute x und y für die Koordinaten. |
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Das erzeugte Polygon können wir mit speziellen Methoden, natürlich aus Graphics, zeichnen.
abstract class java.awt. Graphics
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void drawPolygon( Polygon p )
Zeichnet das Polygon in der Vordergrundfarbe. |
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void fillPolygon( Polygon p )
Zeichnet ein gefülltes Polygon. |
Hinweis Die contains()-Funktion beim Polygon arbeitet korrekt für Punkte innerhalb der eingeschlossenen Fläche. Bei Abfrage von Punkten, die den Eckpunkten entsprechen, kommen immer sehr willkürliche Werte heraus, genauso bei der Anfrage, ob die Punkte auf der Linie zum Innenraum gehören oder nicht.
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n-Ecke zeichnen
Bisher gibt es im Graphics-Paket keine Funktion, um regelmäßige n-Ecke zu zeichnen. Eine solche Funktion ist aber leicht und schnell programmiert. Wir teilen dazu einfach einen Kreis in n Teile auf und berechnen die x- und y-Koordinaten der Punkte auf dem Kreis. Diese Punkte fügen wir einem Polygon-Objekt mittels der addPoint()-Methode hinzu. Eine eigene Funktion drawNeck() übernimmt diese Polygon-Erstellung. Der letzte Parameter der Funktion ist ein Wahrheitswert, der bestimmt, ob das n-Eck gefüllt werden soll oder nicht. Nun kann mit zwei öffentlichen Funktionen ein nicht gefülltes beziehungsweise gefülltes n-Eck gezeichnet werden.
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Listing 14.9
NEckDemo.java
import java.awt.*;
import javax.swing.*;
public class NEckDemo extends JPanel
{
@Override
protected void paintComponent( Graphics g )
{
PolygonWithEgdes.drawNeck( g, getWidth() / 2, getHeight() / 2, 50, 6, true );
PolygonWithEgdes.drawNeck( g, getWidth() / 2, getHeight() / 2, 60, 6, false );
}
public static void main( String[] args )
{
JFrame f = new JFrame();
f.setDefaultCloseOperation( JFrame.EXIT_ON_CLOSE );
f.add( new NEckDemo() );
f.setSize( 200, 200 );
f.setVisible( true );
}
}
class PolygonWithEgdes
{
private static Polygon p = new Polygon();
public static synchronized void drawNeck( Graphics g, int x, int y, int r, int n, boolean filled )
{
p.reset();
for ( int i = 0; i < n; i++ )
p.addPoint( (int) (x + r * Math.cos( i * 2 * Math.PI / n )),
(int) (y + r * Math.sin( i * 2 * Math.PI / n )) );
if ( filled )
g.fillPolygon( p );
else
g.drawPolygon( p );
}
}
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