14.4 Grundlegendes zum Zeichnen
 
Ist das Fenster geöffnet, lässt sich etwas in den Fenster zeichnen. Da sich die Wege zwischen AWT und Swing trennen, wollen wir erst mit dem AWT beginnen, und dann alle weiteten Beispiele mit dem Swing-Modell beschreiten.
14.4.1 Die paint()-Methode für das AWT-Frame
 
Als einleitendes Beispiel soll uns genügen, einen Text zu platzieren. Dafür überschreiben wir die Funktion paint() der Klasse Frame und setzen dort alles hinein, was gezeichnet werden soll, etwa Linien, Texte oder gefüllte Polygone. Der gewünschte Inhalt wird immer dann gezeichnet, wenn das Fenster neu aufgebaut wird oder wir von außen repaint() aufrufen, denn genau in diesem Fall wird das Grafiksystem paint() aufrufen und das Zeichnen anstoßen.
Listing 14.5
Biene.java
import java.awt.*;
import java.awt.event.*;
public class Biene extends Frame
{
public Biene()
{
setSize( 500, 100 );
addWindowListener( new WindowAdapter() {
@Override
public void windowClosing ( WindowEvent e ) { System.exit( 0 ); }
} );
}
@Override
public void paint( Graphics g )
{
g.drawString( "\"Maja, wo bist du?\" (Mittermeier)", 120, 60 );
}
public static void main( String[] args )
{
new Biene().setVisible( true );
}
}
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Abbildung 14.2
Ein Fenster mit gezeichnetem Inhalt
Der Grafikkontext Graphics
Ein spezieller Wert wird in der paint()-Methode übergeben – der Grafikkontext, ein Objekt vom Typ Graphics. Graphic, besitzt verschiedene Methoden zum Zeichnen, etwa von Linien, Kreisen, Ovalen, Rechtecken, Zeichenfolgen oder Bildern. Das grafische System übergibt unserem Programm über paint() ein gültiges Graphics-Objekt, und wir können auf diese Weise auf der grafischen Oberfläche zeichnen. Dies funktioniert auch dann, wenn die Zeichenfläche nicht direkt sichtbar ist, wie bei Hintergrundgrafiken. Das Graphics-Objekt führt Buch über mehrere Dinge:
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die Komponente, auf der gezeichnet wird (hier erst einmal das rohe Fenster); |
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Koordinaten des Bildbereichs und des Clipping-Bereichs. Die Zeichenoperationen außerhalb des Clipping-Bereichs werden nicht angezeigt. Daher wird ein Clipping-Bereich auch Beschnitt-Bereich genannt; |
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der aktuelle Zeichensatz (java.awt.Font) und die aktuelle Farbe (java.awt.Color); |
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die Pixeloperation (XOR1
oder Paint); |
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die Funktion, mit der die Farbe verknüpft wird; |
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Translation – eine Verschiebung vom Nullpunkt. |
Wir können nur in der paint()-Methode auf das Graphics-Objekt zugreifen. Diese wird immer dann aufgerufen, wenn die Komponente neu gezeichnet werden muss. Dies nutzen wir, um einen Text zu schreiben.
Leicht ist zu entnehmen, dass drawString(String text, int x, int y) einen Text in den Zeichenbereich des Grafikkontexts schreibt. Im Folgenden werden wir noch weitere Funktionen kennen lernen.
Hinweis Etwas ungewöhnlich ist die Tatsache, dass der Nullpunkt nicht oben links in den sichtbaren Bereich fällt, sondern dass die Titelleiste den Nullpunkt überdeckt. Um an die Höhe der Titelleiste zu kommen und die Zeichenoperationen so zu verschieben, dass sie in den sichtbaren Bereich fallen, wird ein java.awt.Insets-Objekt benötigt. Ist f ein Frame-Objekt, liefert f.getInserts().top die Höhe der Titelleiste.
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14.4.2 Zeichen von Inhalten mit JFrame
 
Grundsätzlich ließe sich auch von JFrame eine Unterklasse bilden und paint() überschreiben, doch ist das nicht der übliche Weg. Stattdessen wählen wir einen anderen Ansatz, der sogar unter AWT eine gute Lösung ist, bilden eine eigene Komponente, eine Unterklasse von JPanel (unter AWT Panel, was wir aber nicht mehr weiter verfolgen wollen) und setzen diese auf das Fenster. Wird das Fenster neu gezeichnet, dann auch die Komponente JPanel, und die paint()-Funktion wird aufgerufen. Allerdings überschreiben eigene Unterklassen von Swing-Komponenten im Regelfall paint() nicht, sondern eine andere Funktion: paintComponent(). Das liegt daran, dass Swing in paint() zum Beispiel noch Rahmen zeichnet und sich um eine Pufferung des Bildschirminhaltes zur Optimierung kümmert. So ruft paint() die drei Funktionen paintComponent(), paintBorder() und paintChildren() auf und bei Wiederdarstellung kümmert sich ein RepaintManager um eine zügige Darstellung mit Hilfe der gepufferten Inhalte, was bei normalen Swing-Interaktionskomponenten wie Schaltflächen wichtig ist.
Damit ist die Darstellung von Inhalten in einem JFrame einfach. Wir importieren drei Klassen, JPanel und JFrame aus javax.swing und Graphics aus java.awt. Dann bilden wir eine Unterklasse von JPanel und überschreiben paintComponent().
Listing 14.6
DrawFirstLine.java, Teil 1
import java.awt.Graphics;
import javax.swing.*;
class DrawPanel extends JPanel
{
@Override
protected void paintComponent( Graphics g )
{
super.paintComponent( g );
g.drawLine( 10, 10, 100, 50 );
}
}
paintComponent() besitzt in der Oberklasse die Sichtbarkeit protected, was wir beibehalten sollten. Die Funktion wird nicht von außen aufgerufen, daher muss eine Unterklasse die Sichtbarkeit nicht zu public erweitern. Der Aufruf von super.paintComponent() ist immer dann angebracht, wenn die Oberklasse ihre Inhalte zeichnen soll. Bei vollständig eigenem Inhalt ist das nicht notwendig.
Der letzte Schritt ist ein Testprogramm, welches ein Exemplar des spezialisierten JPanels bildet und auf den JFrame setzt:
Listing 14.7
DrawFirstLine.java, Teil 2
public class DrawFirstLine
{
public static void main( String[] args )
{
JFrame f = new JFrame();
f.setDefaultCloseOperation( JFrame.EXIT_ON_CLOSE );
f.setSize( 100, 100 );
f.add( new DrawFirstLine() );
f.setVisible( true );
}
}
Das Hinzufügen von Komponenten auf das JFrame unterstützt erst Java 5 mit add(). Vorher hieß es f.getContentPane().add(). Die Lösung mit dem JPanel muss auch nicht die Höhe der Titelleiste berücksichtigen; die Komponente JPanel, die auf das Fenster gesetzt wird, ist korrekt unterhalb der Titelleiste und die Zeichenfläche liegt nicht verdeckt unter der Titelleiste.
14.4.3 Auffordern zum Neuzeichnen mit repaint()
 
Die Methode repaint() kann von außen aufgerufen werden, um ein Neuzeichnen zu erzwingen. Wenn die Komponente wie unsere Unterklasse von JPanel eine Swing-Komponente ist, dann wird die paint()-Methode der Komponente aufgerufen. Im Fall einer AWT-Komponente, wie Frame, wird update() aufgerufen, das ja automatisch paint() aufruft.
abstract class java.awt. Component
implements ImageObserver, MenuContainer, Serializable
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void repaint()
Sofortiges Neuzeichnen erbeten. |
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void repaint( long tm )
Neuzeichnen in millis Millisekunden erbeten. |
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void repaint( int x, int y, int width, int height )
Neuzeichnen der Komponente im angegebenen Bereich erbeten. |
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void repaint( long tm, int x, int y, int width, int height )
Neuzeichnen der Komponente nach tm Millisekunden im angegebenen Bereich erbeten. |
14.4.4 Die ereignisorientierte Programmierung ändert Fensterinhalte
 
Der Einstieg in die Welt der Grafikprogrammierung mag etwas seltsam erscheinen, weil in der prozeduralen, nicht ereignisgesteuerten Welt (wie der C-64) die Programmierung anders verlief. Es gab einige Funktionen, mit denen sich direkt sichtbar auf dem Bildschirm operieren ließ. Ein Beispiel2
aus der C-128-Zeit:
10 COLOR 0,1 :REM SELECT BACKGROUND COLOR
20 COLOR 1,3 :REM SELECT FOREGROUND COLOR
30 COLOR 4,1 :REM SELECT BORDER COLOR
40 GRAPHIC 1,1 :REM SELECT BIT MAP MODE
60 CIRCLE 1,160,100,40,40 :REM DRAW A CIRCLE
70 COLOR 1,6 :REM CHANGE FOREGROUND COLOR
80 BOX 1,20,60,100,140,0,1 :REM DRAW A BLOCK
90 COLOR 1,9 :REM CHANGE FOREGROUND COLOR
100 BOX 1,220,62,300,140,0,0 :REM DRAW A BOX
110 COLOR 1,9 :REM CHANGE FOREGROUND COLOR
120 DRAW 1,20,180 TO 300,180 :REM DRAW A LINE
130 DRAW 1,250,0 TO 30,0 TO 40,40 TO 250,0:REM DRAW A TRIANGLE
140 COLOR 1,15 :REM CHANGE FOREGROUND COLOR
150 DRAW 1,160,160 :REM DRAW A POINT
160 PAINT 1,150,97 :REM PAINT IN CIRCLE
170 COLOR 1,5 :REM CHANGE FOREGROUND COLOR
180 PAINT 1,50,25 :REM PAINT IN TRIANGLE
190 COLOR 1,7 :REM CHANGE FOREGROUND COLOR
200 PAINT 1,225,125 :REM PAINT IN EMPTY BOX
210 COLOR 1,11 :REM CHANGE FOREGROUND COLOR
220 CHAR 1,11,24,"GRAPHIC EXAMPLE" :REM DISPLAY TEXT
230 FOR I=1 TO 5000:NEXT:GRAPHIC 0,1:COLOR 1,2
Diese Vorgangsweise funktioniert in Java (und auch in vielen modernen Systemen) nicht mehr. Auch mit Objektorientierung hat sie nicht viel zu tun!
In Java führt ein Ereignis zum Aufruf der paint()-Funktion. Dieses Ereignis (repaint-Ereignis) kann ausgelöst werden, wenn der Bildschirm zum ersten Mal gezeichnet wird, aber auch, wenn Teile des Bildschirms verdeckt werden. Falls das repaint-Ereignis kommt, springt das Java-System in die paint()-Methode, in der der Bildschirm aufgebaut werden kann. Nur dort finden die Zeichenoperationen statt. Wenn wir nun selbst etwas zeichnen wollen, kann das nur in der paint()-Funktion geschehen, beziehungsweise in Methoden, die von paint() aufgerufen werden. Wenn wir aber selbst etwas zeichnen wollen, wie lässt sich paint() dann parametrisieren?
Um mit diesem Problem umzugehen, müssen wir der paint()-Funktion Informationen mitgeben. Diese kann paint() nur aus den Objektattributen beziehen. Daher implementieren wir eine Unterklasse einer Komponente, die eine paint()-Funktion besitzt. Anschließend können wir Objektzustände ändern, sodass paint() neue Werte bekommt und somit gewünschte Inhalte zeichnen kann.
Ein Beispiel soll dies verdeutlichen. Wir bilden eine Unterklasse von Window und setzen dann Objektzustände. Damit wir selbst das Neuzeichnen anregen können, nutzen wir die Methode repaint(). Sie erzeugt ein Neuzeichnen-Event, welches von der Ereignisverarbeitung abgearbeitet wird und zum Neuzeichnen des Bildschirms führt.
Listing 14.8
DrawingWindow.java
import java.awt.*;
import javax.swing.JOptionPane;
class DrawingWindow extends Window
{
String title = "";
DrawingWindow( Frame f )
{
super( f );
setSize( Toolkit.getDefaultToolkit().getScreenSize() );
setVisible( true );
}
@Override
public void paint( Graphics g )
{
g.drawString( title, 100, 400 );
}
}
public class PaintIndirect
{
public static void main( String[] args ) throws Exception
{
DrawingWindow w = new DrawingWindow( new Frame() );
w.title = "Bei den US-Militäraktionen in Afghanistan sind über 800 " +
"Zivilisten durch militärischen Fehlgriffe umgekommen.";
w.repaint();
JOptionPane.showMessageDialog( w, "Die Quelle?" );
w.title = "New York Times und die nichtstaatliche Organisation Global Exchange.";
w.repaint();
w.title = JOptionPane.showInputDialog( w, "Antwort" );
w.repaint();
JOptionPane.showMessageDialog( w, "Nun ist aber Schluss!" );
System.exit( 0 );
}
}
Bleibt zuletzt die Frage, wie sich so etwas wie C-128-Feeling nachbilden lässt. Die zu zeichnenden Elemente (wie Line, Kreis) können Objekte sein, die in eine Datenstruktur eingereiht werden. Dazu bietet Java 2D-API Klassen wie Line2D, Acr2D und weitere an. Sie werden später vorgestellt.
1 Zur Bewegung des Grafik-Cursors wird gerne eine XOR-Operation eingesetzt. Obwohl dies absolut einfach erscheint, ist die Realisierungsidee patentiert.
2 Commodore 128 System Guide, Commodore Business Machine, Inc. in 1985, online zugänglich unter http://members.tripod.com/~rvbelzen/c128sg/toc.htm.
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