9.3 Elektronische Schriften
 
Bevor die Arbeit im Layout-Programm behandelt wird, sollte an dieser Stelle noch kurz etwas über die verschiedenen Arten von Schrift- oder Font-Dateien gesagt werden. Dieses Verständnis ist für das Arbeiten mit Text sehr wichtig.
Bevor das Desktop Publishing und die WYSIWYG-Dokumentenverarbeitung erfunden wurden, bestand keine Notwendigkeit, verschiedene Schriftarten am Bildschirm anzuzeigen. Auf der Konsole gab es deshalb meist nur eine einzige, grob aufgelöste Festbreitenschrift mit anfangs 40, später 80 Zeichen pro Zeile. Im Grunde konnte man zufrieden sein, wenn man überhaupt die Buchstaben auseinander halten konnte – beispielsweise wurde die Null lange mit einer diagonalen Linie durchkreuzt dargestellt, um sie vom Buchstaben O unterscheiden zu können.
Auch die frühen Drucker, über die Computerdokumente ausgegeben wurden, die so genannten Nadel- oder Matrixdrucker, konnten nicht viele verschiedene Schriften wiedergeben. Durch mehrmaliges Überdrucken von Zeilen erreichten sie eine Druckqualität, die als »Near Letter Quality«1
bezeichnet wurde. Verschiedene Schriftvarianten konnten durch direkte Einstellung am Drucker oder durch besondere Steuerzeichen erzielt werden.
Bitmap-Schriften
In den Anfangstagen des DTP wurden Bitmap-Schriften verwendet. Bei einer solchen Schriftdatei werden die einzelnen Pixel der Schriftzeichen gespeichert; für jede Schriftgröße ist eine separate Datei erforderlich. Das ist interessanterweise sogar rückschrittlicher als der seit den 60er-Jahren verbreitete Fotosatz, bei dem Schriften bereits skalierbar waren.
Die Bitmap-Schriften wurden niemals an den Drucker geschickt. Matrixdrucker und frühe Laserdrucker konnten nur diejenigen Zeichen drucken, die direkt in ihnen eingebaut waren. Dies war insbesondere ein Problem für den Druck deutscher oder sonstiger europäischer Texte mit Umlauten und anderen diakritischen Zeichen.
TrueType
Ein großer Fortschritt war die Einführung der TrueType-Schriften. Dieses von Microsoft und Apple definierte Format speicherte Zeichen erstmals als mathematisch beschriebene Umrissformen, also als frei skalierbare Vektorgrafiken. Außerdem wurden Drucker entwickelt, an die diese Schriftformen zusammen mit den Dokumentdaten übermittelt werden konnten. Dies brachte grenzenlose Flexibilität: Jede Schriftart, die auf dem Bildschirm dargestellt werden konnte, ließ sich auch auf dem Laser- oder Tintenstrahldrucker ausgeben.
PostScript-Fonts
Eine höhere Qualität als die TrueType-Fonts besitzen die PostScript-Schriften. PostScript ist eine von Adobe erfundene, sehr präzise Seitenbeschreibungssprache für Druckseiten, die von hochwertigen Laserdruckern und Belichtern direkt verstanden wird. Im Zusammenhang mit dieser Sprache definierte Adobe auch gleich ein neues Dateiformat für Schriftarten. Der große Nachteil von PostScript-Schriften bestand jahrelang darin, dass sie sich nicht auf dem Bildschirm darstellen ließen. Aus diesem Grund wurde stets dieselbe Schrift als Bitmap-Font für die Bildschirmanzeige benötigt. Ein wichtiges Hilfsmittel, das die Darstellung dieser Schriften auf dem Bildschirm verbesserte, war der Adobe Type Manager (ATM). Erst Windows 2000 und XP beziehungsweise Mac OS X sind von Hause aus in der Lage, PostScript-Schriften auf dem Bildschirm anzuzeigen.
OpenType
Die neueste Entwicklung auf dem Gebiet der Fonts ist OpenType. Diese moderne TrueType-Erweiterung wurde gemeinsam von Microsoft und Adobe entwickelt. Schriftarten in diesem Format sind genau wie TrueType für Bildschirm und Drucker geeignet, weisen aber eine mit PostScript-Schriften vergleichbare Qualität auf. Vor allen Dingen sind alle OpenType-Schriften grundsätzlich Unicode-Schriften, können also bis zu 65.536 Zeichen enthalten.
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