25.2 Erste Hilfe – wenn das System nicht mehr reagiert 

Vielen Computernutzern mit Windows-Erfahrung ist es zum Reflex geworden, bei einem hängenden System mit der Tastenkombination (Strg) + (Alt) + (Entf) einen Neustart zu erzwingen. Unter Linux mag es zwar seltener vorkommen, dass eine Anwendung gleich die gesamte grafische Oberfläche mitreißt, aber ausgeschlossen ist es nicht. Die Tastenkombination ist hier aber ohne Funktion, also was tun? Glücklicherweise gibt es eine Reihe von Tastenkombinationen, die direkt den Kernel ansprechen – sie funktionieren also immer, wenigstens solange der Kernel noch Eingaben verarbeitet.
Magische Tasten
Alle diese Tastenkombinationen basieren auf dem »Magic SysRq Key« (Magic Sysrequest Key, zu Deutsch: »Magische S-Abf-Taste«). Es lassen sich verschiedene Aktionen auch nacheinander aufrufen, so dass nicht einfach nur ein Neustart erzwungen wird, sondern das System ohne Schäden am Dateisystem relativ sauber neu gestartet wird. Eine Eselsbrücke für diese »Notfalltasten« lautet Raising Elephants Is So Utterly Boring (oder BUSIER von hinten gelesen). Während Sie die Tastenkombination (Alt) + (Druck) (für S-Abf – auf manchen Notebooks muss erst das Num-Feld aktiviert oder zusätzlich eine der Fn-Tasten gedrückt werden) gedrückt halten, drücken Sie nacheinander die Tasten (R) , (E) , (I) , (S) , (U) und (B) .
Taste | Befehl | Wirkung |
(R) |
unraw |
Entzieht der grafischen Oberfläche den Zugriff auf die Tastatur. |
(E) |
term |
Sendet ein SIGTERM an alle Prozesse außer Init. |
(I) |
kill |
Sendet ein SIGKILL an alle Prozesse außer Init. |
(S) |
sync |
Schreibt alle noch nicht auf die Festplatte geschriebenen Daten aus dem Kernel-Festplatten-Cache auf die Festplatten. |
(U) |
umount |
Alle scheinbar eingehängten Partitionen werden ausgehängt und anschließend nur-lesbar eingehängt. |
(B) |
reboot |
Fährt den Rechner sofort herunter, ohne Daten aus dem Kernel-Festplatten-Cache auf die Festplatten zu schreiben und ohne Partitionen auszuhängen; startet danach den Rechner neu. |
(K) |
secure attention key |
Beendet alle Prozesse auf dem aktuellen Terminal, um sicher zu sein, dass der Login-Prompt von Init stammt und nicht von einem Trojaner. Eine aufgehängte Anwendung, die die SVGAlib benutzt, oder ein nicht mehr reagierender X-Server lassen sich auch auf diese Weise beenden. |
(O) |
Power off |
Fährt den Rechner mit APM/ACPI herunter und schaltet ihn aus (sofern vom Rechner unterstützt). |
(M) |
Memory |
Gibt die Hauptspeicherbelegung in der Konsole aus. |
(Q) |
- |
Zeigt alle derzeit laufenden Timer an. |
(P) |
- |
Zeigt den Inhalt der CPU-Register inklusive der FLAGS an. |
(T) |
- |
Zeigt eine Liste aktuell laufender Prozesse an. |
(L) |
kill including init |
Sendet SIGKILL an alle Prozesse, auch an Init. Das kommt einem Ausschalten gleich. |
(C) |
crashdump |
mit Hilfe von kexec (sofern vorhanden) neu starten und einen Crashdump auf dem Bildschirm ausgeben |
(D) |
- |
alle derzeitigen Locks im Textmodus anzeigen |
(W) |
- |
Prozesse in geblocktem Status anzeigen |
(N) |
- |
Hiermit lässt sich die Priorität von Echtzeit-Prozessen herabsetzen. |
(H) |
help |
einen Hilfetext für die Benutzung des Magic SysRq Keys ausgeben |
Zahl |
set log level |
Für Zahlen von 0 bis 9: Bestimmt das Log Level, d. h. die Grenze, ab welcher Wichtigkeit eine Nachricht des Kernels angezeigt wird. Bei 0 werden nur noch kritische Meldungen wie z. B. Kernel Panic angezeigt. |
Es kann sein, dass die oben genannten Tastenkombinationen auf Ihrem System nicht aktiviert sind. Mit Hilfe des Befehls cat /proc/sys/kernel/sysrq überprüfen Sie, ob sie noch aktiv sind. 0 bedeutet dabei inaktiv, 1 bedeutet aktiv.
Mittels
echo 1 | sudo tee /proc/sys/kernel/sysrq
akivieren Sie das Ganze wieder.